Von Sektflaschen und Schulstreichen – Die „Prosecco-Runde“ am Einstein-Gymnasium Rheda

RHEDA. Wenn ein Filmklassiker wie „Die Feuerzangenbowle“ nach dem Roman von Heinrich Spoerl auf einmal „Die Prosecco-Runde“ heißt, darf man sich auf eine mutige Neuinterpretation gefasst machen – und genau die lieferte der Theaterkurs der Jahrgangsstufe 10 des Einstein-Gymnasiums am vergangenen Wochenende mit bemerkenswerter Spielfreude und teils überraschendem Witz am verstaubten Bildungssystem. 

Statt mit dampfendem Punsch wurde mit klirrenden Proseccogläsern an die eigene Schulzeit erinnert – weniger nostalgisch verklärt, dafür umso hipper und emanzipierter. Unter der Leitung von Theaterlehrerin Beate Schmidt-Golla verwandelte sich die Welt der alten Schulbänke in eine glitzernde Gegenwart voller jugendlicher „Pranks“ und girliehaften Tanzeinlagen der Mädchenclique.  

Im Zentrum der Inszenierung stand Angelina Moustakas als Johanna Pfeiffer, eine weibliche Version der bekannten Filmfigur, die mit großer Bühnenpräsenz und einer Menge Humor überzeugte. An ihrer Seite spielte Haidar Barry als „Hottie“ Murad Sauer, den attraktiven Sohn der Direktorin mit Witz, Charme und selbstverliebter Coolness. Als einzig moderne Instanz bezaubert er durch seine Leichtigkeit, durch die er die bürokratische Welt der Schulgemeinde betritt. Besonders hervorzuheben: Als der Musiklehrer vor der Klasse selbst zugibt, dass die Lehrpläne einfach uninteressant sind und er viel lieber mit seiner Band den nächsten Gig klarmachen möchte – eine gelungene Anspielung auf überfrachtete Lehrpläne, die aufgrund von KI völlig überholt sind. 

Für viele Lacher sorgte zudem das unvergessliche Lehrerduo Professor Crey und „Bömmel“. Professor Crey, mit der sprichwörtlich pedantischen Liebe zur Grammatik, wurde von Annemie Gehle dargestellt. „Bömmel“, der kringelsockentragende Physiklehrer mit Hang zur Anekdote, gespielt von Delia Nour, wurde mit seiner charmanten und leicht überforderten Art zum Helfer in der Not – etwas verplant, aber zutiefst menschlich. 

Doch die wahre Stärke der Inszenierung lag im Ensemble: Jeder Charakter war mit Liebe zum Detail gezeichnet – von der disziplinierten, aber doch leicht überforderten Direktorin Sauer (da die Schülerin Merve Solak erkrankt war, spielte Schmidt-Golla), der kleinen Streberin Luise (stark: Melina Dalinger) bis zum schlafenden Schüler aus der letzten Reihe. Schmidt-Golla setzte dabei nicht nur auf Spielwitz, sondern auch auf musikalische Akzente (eine A-Capella-Version des Up-Town Funks brachte Pep und Schwung nach der Pause), die den Abend lebendig hielten. 

Fazit: Die Prosecco-Runde ist kein lauer Aufguss eines Filmklassikers, sondern ein prickelndes Bühnenexperiment, das Mut zur Veränderung beweist und gleichzeitig zeigt, wie aktuell und unterhaltsam Schultheater sein kann. Ein starker Jahrgang, eine starke Regie – und ein Publikum, das mit einem Lächeln in die Nacht entlassen wurde. 

Aus: Die Glocke vom 26.06.2025