Von den Wundern des Schreibens
Am 8.10.2022 nahm ich in meinen Herbstferien an der Schreibwerkstatt vom Friedrich-Bödecker-Kreis in Sachsen-Anhalt teil. Diese Literaturwerkstatt ist eine Chance für junge Autoren und Autorinnen sich kostenlos auszuprobieren und dazuzulernen. Alle Teilnehmenden wurden nach Altersgruppen eingeteilt und dann einen ganzen Tag von professionellen Autoren in ihrem kreativen Prozess begleitet. Wir konnten alle Fragen stellen, die wir über das Schreiben schon immer wissen wollten. So zum Beispiel in welcher Zeit schreibt man am besten? Wie inspiriert man sich? Aus welcher Perspektive schreibt man, wenn man etwas bestimmtes ausdrücken möchte? Oder was macht eine gute Handlung aus?Dann durften wir natürlich auch ganz viel selbst schreiben, um Tipps und Feedback zu bekommen. Wir schrieben eine Entschuldigungsgeschichte, in der wir uns eine Entschuldigung ausdenken sollten, warum ein Mann nicht beim Umzug seiner Freundin helfen konnte. Danach schrieben wir einen Haiku. Das ist eine japanische Gedichtsform, die aus mehreren Strophen mit immer drei Versen besteht. Der erste Vers besteht aus fünf Silben, der Zweite aus sieben Silben und der Dritte wieder aus fünf. Obwohl es keine Reime braucht, war das gar nicht so einfach. Am Ende schrieb ich ein Gedicht über einen kosmischen Sterngarten. Die Autoren meinten dazu, dass ich wohl in mir eine Kraft hätte, die immer eine Geschichte erzählen möchte. In der dritten Aufgabe bekamen wir ein zufällig ausgewähltes altes Bild. Der eine Autor hatte es von einem Flohmarkt gekauft. Auf meinem war ein junger Mann, der verträumt in einen See blickte. Nun sollten wir uns eine Geschichte überlegen, wie es zu dem Bild kam. Schnell entstand bei mir die Geschichte „Der See außerhalb des Alltags“. Eine Geschichte über die Relevanz von Pausen und dem Wertschätzen seiner Umgebung.
Dafür wurde ich viel gelobt. Aber ich erhielt auch den Tipp weniger Adjektive zu nutzen mit Hilfe der Methode „show don’t tell“. Man solle dem Leser nicht alles sagen. Er soll es aus Andeutungen selbst erkennen. Die anderen Jugendlichen schrieben auch sehr tolle Geschichten. Jeder hatte einen ganz individuellen Schreibstile und es war schön sich mit gleichaltrigen Anfänger-Autoren auszutauschen und anzufreunden.
Aber aus welchem Grund schreibe ich jetzt erst einen Artikel über dieses Erlebnis? Nun die Schreibwerkstatt ist auch dazu da, um seine Geschichten in einen Wettbewerb einzurichten. Von fast 1200 Texten werden nur circa 150 Geschichten für einen Sammelband ausgewählt. Ich reichte alle meine drei Geschichten ein und „der See außerhalb des Alltags“ und „die Entschuldigung” haben es tatsächlich geschafft und sind nun in einem richtigen Buch erschienen. Deshalb durfte ich auch am 26.4.2024 zu der offiziellen Buchpremiere fahren. Dort wurde es jedem feierlich vom Staatssekretär der Bildungsministerin aus Sachsen-Anhalt überreicht. Das erschienene Buch heißt „Ein Tag wie ein Wunder“ und ist auf Bestellung in jedem Buchladen oder online erhältlich, aber es gibt nur eine limitierte Anzahl an Auflagen.
Mein Fazit aus diesen Erlebnissen ist, dass man so viel ausprobieren sollte wie möglich. Ich finde es sehr schade, dass es solche Schreibwerkstätten für Ältere in NRW nur selten gibt. Zumindest habe ich von solchen Veranstaltungen für Jugendliche noch nichts hier gefunden. Kreatives Schreiben ist wichtig für unsere Gesellschaft, für unsere Zukunft und für unsere Demokratie. Deshalb sollte es definitiv auch bei Älteren gefördert werden.
Anna Lena Hiemer